Die Mega-Kraft!
Wer nicht weiss, was SchleFaZ ist: Hier oder hier gibts nähere Infos (unter dem ersten Link verrate ich auch die Verbindung zu Mystery Science Theater 3000).
Es ist Freitagabend, 19:46 Uhr, als mir bewusst wird: Heute ist SchleFaZ! Ich hatte wieder mal zu viel um die Ohren und es beinahe vergessen.

Ich schaue das Rezept zum heutigen Cocktail an, dem «May The Megaforce Be With You – It’s The Only Way To Get Through».
Zutaten:
- Bourbon
- Blue Curacao
- Maraschino
- Bitter Lemon

Neeeeeiiiiiin!!! Ich habe keinen Blue Curacao mehr … also tat ich, was jeder echte Wermutwolf in dieser Situation tun würde: Ich steige in die Jeans, keine Zeit für Socken, keine Jacke, Schlüssel und Portemonnaie gepackt, und gehe gemässigten Schrittes an der verdutzten Katze vorbei, zur Tür hinaus.
Auf dem Weg zur Garage denke ich mir: Aha, der Coop in meinem Wohnort hat noch 10 Minuten lang offen und verfügt über eine respektable Alkoholsektion. Tick Tack, Tick Tack (stell Dir im Hinterkopf die tickende Uhr aus der TV-Serie «24» vor).
Ich fahre eventuell etwas zu schnell. Im Laden angekommen die böse Überraschung: kein Blue Curacao. Aber mir sticht der Wermut ins Auge, den ich auf einem geparkten Auto nach der Firmengründung gesehen hatte. (hier nachzulesen). Nun gut, wenn ich schon hier bin …

Genug rumgeeiert, jetzt gilt es auf Nummer Sicher zu gehen. Ich fahre Richtung Zürich, zum Hauptbahnhof, in dessen Eingeweide sich sogar zwei «Drinks of the World»-Filialen befinden. Tick Tack, Tick Tack … Ich kurve um den HB herum, nirgends, aber auch wirklich gar nirgends gibt es Parkplatzmöglichkeiten. Typisch Zürich, es ist zum Haare raufen.
Vor dem Eingang der grösseren «Drinks of the World»-Filiale sieht ein stark bewaffneter Sicherheitsmann zum Rechten. Es dauert nicht lange, bis ich verstehe, dass das wirklich nötig ist; es wird lautstark rumgeschrien und gepöbelt. Diese Stadt ist voll von Verrückten! Ich bleibe ruhig, fokussiert und frage den Verkäufer hinter dem Tresen nach dem süssen Blau. Sie haben ihn! Natürlich! Ich eile zurück zum Parkplatz – zehn Minuten entfernt hinter dem Central. Tick Tack, Tick Tack.

Bei der Heimfahrt begegne ich nur Irren! Die einen schleichen mit 50 km/h in der 80 km/h-Zone, die anderen sind die Raser, die geschätzte 10 Millimeter hinter meiner Stossstange kleben, als ob es so schneller gehen würde. Zumal vor uns die Schleicher, ohne erkennbares Ziel im Leben, vor sich hin tuckern. Tick Tack, Tick Tack.
Endlich zu Hause! Ich stelle den Blue Curacao kühl, das Bitter Lemon ebenfalls. Dann der Schock: kein Maraschino! Ich renne zurück zum Auto. Nein … nur ein kleiner Scherz, ich wusste natürlich, dass ich über die restlichen Zutaten verfüge. Tick Tack, Tick Tack.
Da fällt mir auf: Ich habe gar keine Zeitnot, es dauert noch rund eine Stunde bis zum Start der Sendung. Also tippe ich diese Vorgeschichte in den Rechner. Ich drücke Enter.

Der Film «Megaforce», angeblich von 1981, wird auf Teleboy so beschrieben: «Ein Military-Science-Fiction-Film von 1982 (was jetzt?!), ohne Tote und nachvollziehbare Science-Fiction, der massgeblich von dem Spielzeughersteller Mattel produziert wurde, der darüber hinaus auch für die Story und die Kostümentwürfe verantwortlich zeichnete.»
Das kann ja heiter werden …

Und tatsächlich ist «Megaforce» eine wahre Schundfilm-Perle. Er enthält einige der absolut dämlichsten Dialoge der Filmgeschichte, und manchmal wird sogar gesprochen, ohne dass sich dabei der Mund bewegt …
Ständig wird etwas ohne ersichtlichen Grund beschossen, explodieren Dinge, wird auf bunte Luftballons geschossen, um zu demonstrieren, dass diese Megaforce-Truppe echt gefährlich ist. Doch ohne Erfolg, man wundert sich nur über die Föhnfrisur des Protagonisten, die albernen Kostüme und die vermeintlich dümmsten Sprüche aller Zeiten.
Die «South Park»-Macher Trey Parker und Matt Stone sind erklärte Fans des Films, der die Basis ihrer Satire «Team America» ist. Akustisch ist der Film eine absolute Qual. Ständig Computerspiel-Töne, die Science Fiction und die Zukunft verdeutlichen sollen, ein Soundtrack direkt aus dem siebten Kreis der Hölle!
Der Film – oh Wunder – spielte nur ein Bruchteil seines für damalige Verhältnisse astronomischen Budgets ein, deshalb wurden die geplanten zwei Fortsetzungen glücklicherweise nicht realisiert.

Fun Fact: Im Fernseh-Spot, der das Megaforce-Videogame von 1982 beworben hatte, spielt der junge «Dos Hombres»(Tasting-Artikel)-«Breaking Bad»-«Malcolm mitten drin»-Mezcalero Bryan Cranston mit!
Der Hauptdarsteller Barry Bostwick («Rocky Horror Picture Show») spielte nach diesem Total-Debakel erst elf Jahre später wieder in einem Film mit, und zwar in der launigen, gelungenen Komödie «Weekend at Bernies».
Aber zurück zum Cocktail: Passend zum Film verströmt er eine cartoon-mässige, platte Süsse, die eigentlich erst erträglich wird, wenn das Eis im Glas schmilzt. Mit seinen 15 Volumenprozenten schleicht er sich allmählich in die Synapsen, wiegt einen mit zunehmender Filmdauer in den erwünschten Zustand, in dem man sich nicht mehr über die mannigfachen Logiklöcher wundert, sondern nur noch staunend diese cineastische Flatulenz über sich ergehen lässt.
Das Trinkspiel geht dieses Mal so: Dann zu trinken, wenn niemand bei den Schiessereien stirbt – da von den Machern alles dafür getan wurde. Dass das so oft vorkommt, hängt vermutlich damit zusammen, dass Mattel – die Spielzeugfirma Nummer Zwei hinter Lego, damals wie auch heute – ihre Spielzeugfigurenverkäufe pushen wollte, aber da es Kinder sind, die damit spielen, besser keine Toten gezeigt werden sollten.
Als Bourbon nehme ich erneut Wild Turkey, und der Blue Curacao stammt von Bols. Das Bitter Lemon ist von Fever Tree, man hat trotz allem noch gewisse Ansprüche. Cheers!
PS: Um während dem Filmverbrechen den Grad an Konfusion noch zu verstärken, kann man sich nebenbei, respektive während den Werbepausen, auf Twitter auch noch trefflich verSchleFaZieren:

Kommentar verfassen