Bei Whisky denken die meisten an Schottland, Irland, die USA und vielleicht Japan. Doch für das goldene Lebenswasser muss man nicht so weit reisen; die kleine Schweiz kann Whisky ganz gross. Im aargauischen Stetten brennt und lagert die Spezialitätenbrennerei Humbel den fein-würzigen Roggen-Whisky ValeReuss.
Über die Brennerei Humbel in Stetten muss ich nicht mehr viele Worte verlieren: Den Bericht zu unserer Odyssee ins aargauische Stetten findet Ihr hier.
Nur so viel: Humbel brennt sehr feine Schnäpse und setzt viel Wert auf Bio-Rohstoffe. Das ist auch beim «Whisky ValeReuss Batch 1 Rye 2016» so, von dem uns die Brennerei bei unserem Besuch ein Tasting-Sample geschenkt hat. Kaufen könnt Ihr ihn direkt im Onlineshop der Aargauer für 50 Franken die Flasche.

Auch der «Whisky ValeReuss Batch 1 Rye 2016» ist ein Bio-Produkt. Laut Humbel wird der Bio-Roggen in Stetten – wenige hundert Meter von der Reuss entfernt – geerntet, eingemaischt, destilliert und in Holzfässern gereift. Das Finish erhält der Whisky in Weinfässern von Nauer Bremgarten und Jürg Wetzel Ennetbaden.

Aufmerksamen Leserinnen und Lesern wird es schon aufgefallen sein. Beim «Whisky ValeReuss Batch 1 Rye 2016» handelt es sich nicht um einen Single Malt, sondern um einen Roggen- oder englisch Rye-Whisky. Humbel verwendet als Rohstoff für den Brand 95 Prozent Roggen und zusätzlich noch 5 Prozent Bio-Gerstenmalz aus Deutschland. Damit ist der Roggen-Anteil sehr hoch. Amerikanische Rye-Whiskys müssen einen Anteil von mindestens 51 Prozent Roggen haben, um sich Rye-Whisky zu nennen. Humbels Variante ist also ein (fast) reiner Roggen-Whisky. Die 5 Prozent Gerstenmalz werden wohl hinzugefügt, um die Umwandlung der Stärke in Zucker zu verbessern. Denn die Enzyme im Gerstenmalz helfen auch anderen Getreidearten beim Einmaischen – also der Bierherstellung, die für die spätere Destillation notwendig ist.


Wieso Roggen statt Gerste? Die Verwendung von Roggen für Getreidebrände hat mehrere Gründe: Erstens ist Roggen eine sehr anspruchslose Getreideart. Er gedeiht auch auf nährstoffarmen Böden und kommt gut mit Kälte sowie Trockenheit zurecht. Punkto Geschmack zeigt der Roggen ebenfalls seine raue Natur: Er zeichnet sich durch würzige und wilde Aromen aus. Deshalb eignet er sich hervorragend für Cocktails oder on the rocks, also auf Eis. Rye ist sozusagen der Jack Sparrow unter den Whiskys.
Interessant an Humbels «Whisky ValeReuss Batch 1 Rye 2016» ist die vierjährige Lagerung im Holzfass und das nachträgliche viermonatige «Finish» im Weinfass. Das gibt ihm mehr Tiefe und Komplexität als die typische zweijährige Holzlagerung der Amerikaner. Und tatsächlich: In der Nase rieche ich Eichenholz, wenig Vanille, Erde, Kräuter, Brot, leichte Weinnoten sowie Rosinen. Im Mund ist dieser Rye-Whisky weich, süss, würzig und etwas bitter. Meinen Gaumen umschmeicheln Aromen von Eiche, Brot, Rosinen, Wein und Kräuter. Der Abgang ist mittellang: zuerst süss, mit etwas Würze, danach treten eine leichte Bitterkeit und pfeffrige Schärfe auf den Plan. Sie sind aber gut eingebunden. Die Balance stimmt. Der «Whisky ValeReuss Batch 1 Rye 2016» ist zwar komplexer als andere Rye-Abfüllungen, dennoch ist es ein schnörkelloser Whisky, kein filigraner, hochkomplexer Single Malt. Das will und muss ein Rye-Whisky auch nicht sein: Ein guter Rye hat Kraft, Punch sowie Ecken und Kanten.
Ich trinke ihn deshalb lieber auf Eis als pur. Der «Whisky ValeReuss Batch 1 Rye 2016» ist für mich wie ein halbstarker Teenager, der seine erste Runde auf dem Mofa dreht und etwas Eis oder ne kalte Dusche zum Abkühlen braucht. Das Eis macht ihn milder und weicher; es holt mehr Vanille, Holz sowie Süsse hervor. Wer Rye-Whiskys mag, sollte den «Whisky ValeReuss Batch 1 Rye 2016» unbedingt probieren. Ich halte ihn für sehr lecker.
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