Mein erstes Mal mit der Punk-Band «Die Toten Hosen» (oder besser: Ex-Punk-Band) liegt über 30 Jahre zurück. Genauso lange kenne ich deren Mitgröl-Hit «Eisgekühlter Bommerlunder». Nur getrunken habe ich den Schnaps noch nie. Höchste Zeit, und zwar stilecht mit zwei belegten Broten – eins mit Schinken und eins mit Ei.
Wer im deutschsprachigen Raum lebt und die letzten vier Jahrzehnte nicht in einem Kloster verbracht hat (und selbst da wäre ich mir nicht sicher), kennt ihn: den «Bommerlunder»-Song. «Die Toten Hosen» haben diesen Ohrwurm 1983 auf die Welt losgelassen. Seitdem treibt er in unseren Gehörgängen sein Unwesen: Viele haben ihn auf einer Fete, im Fussballstadion oder sonst wo in nicht ganz nüchternen Zustand mitgegrölt. Doch wer hat «Bommerlunder» wirklich schon mal getrunken? Und was ist das überhaupt?

Der Wermutwolf ist mutig und schreckt vor nichts zurück; er hat sich einen echten «Bommerlunder Aquavit» besorgt. Den gibts tatsächlich in der Schweiz, zum Beispiel bei «Erb Getränke», für faire 18 Stutz die Flasche und mit feurigen 38 Volumenprozent. Das zeigt: Der «Bommerlunder» ist kein Leichtgewicht – kein süsses Grosi-Likörchen, keine Memme wie die heutigen Alcopops. Er spielt in der Liga von Wodka, Whisky und Konsorten mit. Es ist ein Aquavit, ein Kümmelschnaps.
Nur die belegten Brote werden von «Erb Getränke» nicht mitgeliefert. Und die brauchts, wenn wir den Bommerlunder nach Anweisungen der «Toten Hosen» probieren möchten. Gitarrist Kuddel (den Song singt er, nicht Campino) kennt kein Pardon und weicht den ganzen Song lang kein Jota von seiner Trinkanleitung ab:
«Eisgekühlter Bommerlunder
Bommerlunder eisgekühlt
Eisgekühlter Bommerlunder
Bommerlunder eisgekühlt
Und dazu
Ein belegtes Brot mit Schinken (Schinken)
Ein belegtes Brot mit Ei
Das sind zwei belegte Brote
Eins mit Schinken und eins mit Ei
usw.
usf.»
Der Wermutwolf kann nicht nur trinken, sondern auch Brote schmieren und nebst reichlich Flüssignahrung findet sich im Kühlschrank zum Glück auch Schinken und Ei (Wölfe sind keine Veganer). Der Bommerlunder wandert ins Tiefkühlfach. Bis der seine Temperatur erreicht hat, bleibt Zeit, den Song einige Male anzuhören, am besten im Originalvideo.
Dieses wurde in der Kirche St. Willibald in Jesenwang in der Nähe von Fürstenfeldbruck gedreht. Ein Wunder, dass die Band die Erlaubnis dazu bekam; den öffentlich-rechtlichen Fernsehsendern war das Musikvideo zu obszön: Sie strahlten es nicht aus. Und auch die Kirche bereute wohl ihre Entscheidung. Nach Bekanntwerden des Musikvideos wurde sie neu geweiht.
Oder wie wärs mit der Hip-Hop-Version mit dem kongenialen Namen «Hip Hop Bommi Bop», ebenfalls von 1983. Übrigens, auch ein erstes Mal: Der Song gilt weltweit als erster, der die Stilrichtungen Rock und Hip-Hop verbindet – drei Jahre vor «Walk This Way» von Run-D.M.C. und Aerosmith:
Immer noch nicht genug? Dann steigen wir in die Niederungen der kostenpflichtigen Handy-Klingeltöne hinab, die Anfang der 2000er-Jahre unsere Ohren und Augen quälten. Auch der «Besoffene Elch» war anscheinend ein Hosen-Fan:
Einmal «Besoffener Elch» reicht. Bevor mir schlecht wird, werfe ich einen Blick in den Tiefkühler: Der Bommerlunder ist eisig genug, die Brote sind parat: Es kann losgehen.
Nur etwas ist mir nicht ganz klar: Trinkt man den «Bommerlunder» zuerst und nimmt dann je einen Bissen Schinken- und Eierbrot? Oder isst man zuerst ein Schinkenbrot, trinkt dann einen Bommerlunder, isst danach ein Eierbrot, trinkt einen Bommerlunder und wiederholt das so lange, bis man vom Hocker fällt? Egal, ich starte mit dem Bommerlunder, schliesslich will ich seinen Geschmack nicht durch Schinken oder Ei verfälschen.
Bommerlunder ist ein Kümmelschnaps, und genau so riecht er, aber sehr unaufdringlich. Auch im Mund spürt man dezent den Kümmel, leichte Zitrusnoten und Anis. Durch die Eiseskälte geht der Bommerlunder runter wie Öl, ohne strenge Alkoholnoten (siehe dazu auch unseren Beitrag zu «Wasser»). Wer Kümmelschnaps oder den nordischen Aquavit mag, wird vom Bommerlunder nicht enttäuscht sein. Und eine Schinken- oder Eierbrot passt ausgezeichnet dazu, vor allem nach ein paar Gläsern Bommerlunder.
Auf dem Etikett spricht der Hersteller ausserdem von einer «Veredelung in Eichenholzfässern». Da der Schnaps eine klare Farbe hat, tippe ich auf eine nachträgliche Filterung und eine kurze Lagerung. Von Eichenholznoten ist weder in der Nase noch im Mund etwas zu spüren (mehr zur genialen Vermählung von Holz und Alkohol gibts in diesem Beitrag).

Ich habe den Bommerlunder zusätzlich bei Zimmertemperatur probiert, um noch mehr Aromen herauszukitzeln. Auch so schmeckt er. Es bleibt bei Kümmel, Zitrusnoten und Anis, aber er hat mehr Süsse und ist weicher. Am besten schmeckt mir der Bommerlunder allerdings bei Kühlschranktemperatur, dann ist er erfrischend, süss und weich.
Der Bommerlunder ist ein guter Kümmelschnaps, nicht so komplex wie der norwegische Linie Aquavit, aber für 18 Franken können Kümmelfans nichts falsch machen. Und man trinkt mit ihm ein Stück Musikgeschichte, während man sich wünscht, dass «Die Toten Hosen» ihre Kreativität, Wildheit und Verrücktheit bewahrt hätten. Vielleicht müssten sie einfach mal wieder eine Flasche Bommerlunder köpfen.
Dieses Problem kennt der KI-Chatbot ChatGPT nicht: Er hat anscheinend ein paar Bommerlunder-Shots zu viel gekippt. Ich kenne jedenfalls kein Lied namens «Eisgekühlter Mommerlunder», das Teil der deutschen Popkultur ist.

Und auch bei «Eisgekühlter Bommerlunder» braucht es zwei Anläufe … Hicks!

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