Die MACH Consumer ist die grösste Schweizer Konsumstudie. Sie offenbart unter anderem das Trinkverhalten von uns Eidgenossen. Ich wollte wissen, worin wir uns im Alkoholkonsum unterscheiden. Heute heisst es jung vs. alt.
Für das Verständnis der Begriffe könnt ihr beispielsweise den letzten Beitrag aus dieser Serie lesen oder bei genügend Zeit und Interesse das Glossar der WEMF für Werbemedienforschung studieren.
In der Kürze: Die Affinität beschreibt die Nähe zu einer Sache. Ein Wert von 100 ist der Durchschnitt, darunter spricht man von einer Unteraffinität, darüber von einer Überaffinität.
Ein zugespitztes Praxisbeispiel: Unter allen Schweizern ab 14 Jahren trinken 21,1 % mindestens hin und wieder ein «Feldschlösschen»-Bier. Bei den 14-15-Jährigen (die das per Gesetz noch gar nicht dürften) sind es aber «nur» 4,6 %, weshalb hier eine Unteraffinität von 22 herausschaut.

Das Frauenbier «Eve» wird hierzulande von 4,1 % konsumiert. Bei besagten 14-15-Jährigen (vorwiegend Mädels) sind es aber sogar 6,0 %, 47 % mehr als in der Grundgesamtheit, weshalb hier eine Überaffinität von 147 resultiert.
Soweit klar? Dann gehts jetzt los. Für die Analyse erstellte ich folgende Altersgruppen:
- 14-15 Jahre alt (separat, weil man in diesem Alter eben per Gesetz noch gar nicht dürfte … Ab 16 Jahren darf man Bier und Wein trinken, ab 18 Jahren auch die harten Sachen wie Wodka, Whisky etc.)
- 16-25 Jahre alt (die wilden Jugendjahre)
- 26-35 Jahre alt (die Jahre der Selbstfindung?)
- 36-45 Jahre alt (die «Mittelalterlichen»)
- 46-55 Jahre alt (die erfahrenen Jahre)
- 56-65 Jahre alt (man wird/ist «alt»)
- 66-75 Jahre alt (die «Rentner». 76-88 Jahre habe ich ausgelassen, da dort schon genügend Gebrechen die Abfragen «verfälschen»). Spasseshalber dann aber trotzdem auch noch:
- 89 Jahre bis Ende Feuer (die «echt alten Säcke»! Die, welche so lange durchgehalten haben)

Fakt Nummer 1: je älter, desto trinkfreudiger. Das ist jetzt etwas generalisiert ausgedrückt, stimmt im Kern aber.
86,8 % der Leute ab 14 Jahren trinken mindestens hin und wieder Alkohol.
Bei den 14-15-Jährigen, die das theoretisch noch nicht tun dürften, sind es 35 %, sprich stark unteraffin (41), und doch eigentlich schon eine ganze Menge.
Bei den 16-25-Jährigen sind es bereits 81 % (Affinität 93).

Die «Selbstfinder» bechern dann schon bei 87 % ihrer Leute (Affinität genau 100, also durchschnittlich).
Die «Mittelalterlichen» neigen mit 90 % zu alkoholischen Getränken (Affinität 104).
Bei den nächsten zwei Altersgruppen, den «Erfahrenen» und den «Alten», knicken diese Werte ganz leicht ein (88, 3%, respektive 89,5 %, beide aber noch überaffin), bevor es bei den «Rentnern» dann wieder hoch auf 92 % (Affinität 106) geht.
Die «ganz alten Säcke» sind auch überaffin, wie die «Erfahrenen» ebenso mit 88,3 %.

Wenn man nun aber die Häufigkeit des Konsums betrachtet, den praktisch täglichen Konsum alkoholischer Getränke, dann spitzen sich diese Tendenzen enorm zu.
Leider betrifft dies bereits 2,2 % der 14-15-Jährigen (A: 12)
- 16-25 Jahre alt: 9 % (A: 48)
- 26-35 Jahre alt: 12 % (A: 65)
- 36-45 Jahre alt: 14 % (A: 73)
- 46-55 Jahre alt: 19 % (A: 101)
- 56-65 Jahre alt: 23 % (A: 122)
- 66-75 Jahre alt: 32 % (A: 172)
- 89+ Jahre alt: 31 % (A: 163)
Ich überlasse die Schlussfolgerungen den geneigten Lesern. Wurde man mit zunehmendem Alter immer mehr vom Leben gebeutelt? Verträgt man je länger je mehr?

Welche Getränke in welcher Altersklasse?
Logischerweise gehen bei den «jungen Wilden» die Alcopops affinitätsmässig durch die Decke (60 % der 16-25-Jährigen konsumieren diese, was eine Affinität von 179 ergibt). 8,5 % tun dies mindestens wöchentlich.
Die zweite Art von Alkohol mit solchen Werten ist Wodka. In dieser Altersklasse trinken das 62 % (A: 181). 5,5 % der «jungen Wilden» trinken es mindestens wöchentlich.
Bei den «Selbstfindern» gehen dann die Affinitätswerte bei den Alcopops runter (doch immer noch klar überaffin mit 127), steigen dafür bei Gin, Rum und Whisky. Der Wodka sinkt von 62 % auf 48 %, ist aber mit 140 der Affinitätskönig in dieser Altersklasse.

Bei den «Mittelalterlichen» kommt der Wein nun in die Überaffinität rein (105), da er dort von 86 % getrunken wird. Wein wird jedoch schon von früh auf breit konsumiert, deshalb ist das keine grosse Sache. Bereits bei den 14-15-Jährigen trinken 18 % den Traubensaft. Bei den «jungen Wilden» bereits 64 %. Ansonsten gleichen sich die Werte innerhalb der verschiedenen Alkoholsorten hier sehr an. Affinitätskönig und damit Ausscherer sind seltsamerweise die Alcopops, die hier noch immer stark konsumiert werden (43 %, Affinität 129). Aperitifs werden überaffin.
Erst bei den «Erfahrenen» sinken die Alcopops in die Unteraffinität (93), dafür gewinnen gebrannte Wasser und Champagner an Boden. Die Unterschiede zu den «Mittelalterlichen» sind aber nicht riesig.
Die «Alten» trinken deutlich weniger Alcopops (22 %, A: 66). Dafür mehr Aperitifs, Wein und Champagner. Und in diesem Alter wird nun Cognac erstmals überaffin und zieht gleich allen anderen davon, mit einem Affinitätswert von 117 (36 % Konsumenten).
Bei den «Rentnern» akzentuieren sich alle diese Tendenzen noch mehr, und Cognac wird hier von satten 43 % getrunken, was zu einem noch deutlicheren Affinitätsspitzenwert von 138 führt.

Ihr fragt, was mit Bier ist? Bier wird einfach nur sehr konstant in allen Altersklassen genossen. Hehe, ich mag Bier! Bei den «ganz alten Säcken» trennt sich dann bei der Frequenz des Bierkonsums Malz von Hopfen; es gibt Überaffinitäten beim praktisch täglichen Konsum wie auch beim Nicht-Konsum (132 zu 139).
Trinkfrequenzen
Beim praktisch täglichen Konsum von Wein passiert der Wechsel von Unter- zu Überaffinität höchst dramatisch von den «Mittelalterlichen» zu den «Erfahrenen» (74 zu 142), und steigert sich dann weiter auf eindrückliche 243 bei den «Rentnern». Sogar die «ganz alten Säcke» notieren noch bei einer 210er-Affinität.
Bei Champagner/Prosecco/Sekt ist dies nicht so. Dort steigern sich die Affinitäten zwar auch bis zu den «Erfahrenen», bricht jedoch nachher bei den «Rentnern» ein. Verträgt man das Blöterliwasser irgendwann nicht mehr so gut?
Bei den gebrannten Wassern wie Kirsch oder Grappa vollzieht sich der Wechsel von Unter- zu Überaffinität noch dramatischer als beim Wein. Hier sind es in den jüngeren Altersklassen deutliche Unteraffinitäten beim praktisch täglichen Konsum. Und dann, beim Übergang von den «Mittelalterlichen» (nur 0,2 %, Affinität 29) zu den «Erfahrenen» (A: 128), kippt es, und steigert sich bis zum mit Abstand höchsten Affinitätswert, den ich in dieser ganzen Thematik entdecken konnte. Dieser beträgt bei den «ganz alten Säcken», bei denen 4 % das praktisch täglich konsumieren, massive 596!

Schlussbemerkungen
Die beiden biologischen Geschlechter behandelten wir letztes Mal. Es dürfte klar sein, dass zum Beispiel die Affinitäten vom schönen Geschlecht bei Kirsch und Bier auch im Alter tief sind. Wein und Champagner trinken aber natürlich auch ältere Damen gern. Kategorien wie Gin, Rum oder Whisky gehen aber in ziemlich deutliche Unteraffinitäten über.
Bleibt noch zu erwähnen übrig, wo denn altersgemäss eingekauft wird. Grundsätzlich ist hier der Coop der Reichweiten-König, wo in sämtlichen Altersklassen über die Hälfte Alkohol einkaufen geht. Ansonsten ist zu sehen, dass man in jungen Jahren einerseits an der Tanke, am Kiosk, bei Avec oder im Coop Pronto kauft, andererseits auch im Manor.
Später verlagert sich das Geschehen etwas mehr zum Globus, Otto’s, zur Weinhandlung/zum Spirituosengeschäft und zum Duty-free-Shop. Im hohen Alter ist man dann weise genug, direkt beim Produzenten (Weingut, Brauerei usw.) zu shoppen …
Den Alkohol online einzukaufen, nimmt mit fortschreitendem Alter zu, erreicht bei den «Mittelalterlichen» und den «Erfahrenen» den Höhepunkt (jeweils 18 %, Affinität 132) und sinkt dann bis zum Tiefstwert bei den «Greisen» (4 %, A: 27). Vernünftig. Im hohen Alter sollte das Leben wieder 1.0 stattfinden …

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