Bei Whisky denken die meisten an Schottland, Irland, die USA und vielleicht Japan. Doch für das goldene Lebenswasser muss man nicht so weit reisen; die kleine Schweiz kann Whisky ganz gross. Dieses Mal zieht es uns in die Mitte der Schweiz, nach Lauerz im Kanton Schwyz. Dort liegt die Z’GRAGGEN Distillerie, die schon seit drei Generationen Schnaps brennt – und auch eigenen Single-Malt-Whisky herstellt.
Auf unserer bisherigen Tour-de-Suisse-Whisky haben wir mit Langatun, Säntis Malt und Seven Seals reine Whisky-Hersteller sowie eine Bierbrauerei kennengelernt, die sich auch dem Whisky verschrieben hat. Mit der Z’GRAGGEN Distillerie tritt eine waschechte Schnapsbrennerei auf die Single-Malt-Bühne. Seit 1948 destilliert die Z’graggen-Familie Obstbrände, die bereits viele Auszeichnungen abräumen konnten. Aber auch Wurzel- und Kräuterbrände, Wodka sowie Liköre gehören zum Repertoire der Schwyzer.

Eines ihrer jüngsten Kinder ist der «Z’GRAGGEN Single Malt Whisky». Er wird aus Gerstenmalz der Schwyzer Brauerei Rosengarten hergestellt, zweifach destilliert und reift laut Geschäftsführer Daniel Z’graggen in neuen Fässern aus Schweizer Eichenholz mit unterschiedlichen Toastungen – teils nur erhitzt (getoasted), teils ausgebrannt (charred). Die finale Ausmischung erfolge mit Whiskys aus vorbelegten Rotweinfässern. Als Reifezeit werden auf dem Etikett drei bis fünf Jahre angegeben. Anders als bei typischen schottischen Single Malts haben wir es hier also nicht mit einer Reifung in Ex-Bourbon- oder Ex-Sherrry-Fässern zu tun. Auf Färbung und Filterung werde laut Daniel Z’graggen wenn immer möglich verzichtet.


Abgefüllt wird der «Z’GRAGGEN Single Malt Whisky» mit üppigen 45 Volumenprozent. Er ist damit alles andere als ein Schwächling. Der Preis für die 7-dl-Flasche liegt bei gut 60 Franken. Wir haben diese netterweise fürs Tasting gratis erhalten.
Doch zur wichtigsten Frage: Wie schmeckt ein Single-Malt-Whisky einer Schweizer Schnapsbrennerei?
In der Nase rieche ich Malz, reife rote Trauben, Schokolade und getrocknete Pflaumen. Die Holznoten sind sehr, sehr dezent. Die Fruchtigkeit ist eindeutig der Hauptdarsteller, die Rotweinfässer geben den Ton an. Im Mund tritt der Schwyzer Whisky genauso auf: Da sind wieder Malz, reife rote Trauben, Schokolade, getrocknete Pflaumen und Anklänge an ausgebranntes Eichenholz. Hinzu kommt eine leichte Süsse, gepaart mit Würze, allerdings ohne Bitterkeit. Im Abgang ist er mittellang, würzig-pfeffrig und leicht fruchtig. Mit 45 Volumenprozent hat er Biss und Schärfe, ist aber gut trinkbar und rund. Mit etwas Wasser wird er weicher und die Eichenholznoten treten stärker hervor. Anders als bei vielen schottischen Single Malts dürft Ihr weder gross Vanille noch Karamell erwarten, auch Rauchnoten sind keine vorhanden. Müsste ich den «Z’GRAGGEN Single Malt Whisky» in drei Wörtern beschreiben, wären das: fruchtig, würzig, ausbalanciert.
Man merkt ihm das jugendliche Temperament an, auch allzu komplex ist er nicht. Ich finde ihn aber fein. Der «Z’GRAGGEN Single Malt Whisky» ist ein spannender Sipping-Whisky, der Spass macht, einen eigenen Weg geht und nicht auf der typischen Sherry-Bourbon-Klaviatur spielt.
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