Wolfswissen – Wasser

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Der Wermutwolf trinkt auch Wasser – aber kein Grund zur Sorge: nur «verdünnt» mit Alkohol. Denn Wasser kann aus einem borstigen Schnaps lieblichen Nektar machen. Oder es setzt ungeahnte Aromen frei. Entschlüsselt mit uns das alchemistische Geheimnis von Wasser und Alkohol.

H₂O – drei simple Zeichen eröffnen eine ganz neue Welt; eine versteckte Geschmackswelt. Erst kürzlich hatte ich ein Aha-Erlebnis: Ich machte es mir mit einem feinen zehnjährigen Talisker auf dem Sofa gemütlich; pur natürlich, wie es sich für einen richtigen Wermutwolf gehört. Doch der Whisky wollte mir an diesem Abend nicht munden. Er war zu scharf, zu kratzig, zu rauchig. Da kam mir der Whisky-Guru Dave Broom in den Sinn: «Wasser löst nicht nur Aromen, sondern beseitigt auch das Brennen», schreibt er in seinem empfehlenswerten Buch «How to drink Whisky».

Buchcover: How to drink Whisky
Whisky mit Grüntee oder Kokoswasser? Auch das geht laut Dave Broom

Ich giesse wenige Schlucke kühles Leitungswasser in mein Glas und tatsächlich: aus der kratzbürstigen Xanthippe wird die liebliche Aphrodite … oder um es weniger blumig auszudrücken: Jetzt schmeckte er! Die Schärfe war weg, der Rauch leicht in den Hintergrund getreten, dafür gaben Frucht-, Salz- und Holznoten den Ton an. Sie spielten so harmonisch, dass ich mir gleich ein zweites Glas gönnte.

Xanthippe war die Frau des Philosophen Sokrates und steht beispielhaft für die zänkische Ehefrau:

Was passiert mit dem Whisky? 

Zum einen senkt Wasser die Alkoholstärke und mindert deren Schärfe. Eigentlich ist jedes Destillat mit Wasser «verdünnt», sonst hätte man hundertprozentigen Alkohol im Glas. Nach dem Brennen bringt das Destillat meist um die 60 bis 70 Volumenprozent auf die Waage. Vor dem Abfüllen in Flaschen wird es mit Wasser vermischt und auf «Trinkstärke» gesenkt, also auf 40 bis 45 Volumenprozent. Ausnahmen sind fassstarke Whiskys (Whisky wird in Brennstärke im Fass gelagert) oder auch Absinth, der schon mal 70 Volumenprozent haben kann. Doch auch die  45,8 Volumenprozent des zehnjährigen Taliskers sind eine Nummer. Mit Wasser wird er milder und weicher.

Talisker 10-jährig
Wasser nimmt dem zehnjährigen Talisker die Schärfe und holt mehr Aromen hervor

Zum anderen können sich dank Wasser die Aromen besser entfalten. Denn Alkohol betäubt die Geschmacksnerven; je stärker er ist, desto mehr. Übrigens, wenn es um Geschmack geht: Unbedingt mit Wasser verdünnen und nicht Eis ins Glas kippen. Das würde das Gegenteil bewirken: Kälte hemmt die Aromen.

Wie viel Wasser?

Für Whisky-Aficionados ist das Verdünnen eine Wissenschaft, sie zanken sich im Tröpfchenbereich. Pastis- und Absinth-Trinker giessen hingegen so viel Wasser ins Glas, bis sich der Alkohol schön milchig verfärbt. Das kann locker die doppelte oder sogar dreifache Menge sein.

Pastisflasche mit Gäsern
Pastis hat an die 43 Volumenprozent und wird immer mit viel Wasser getrunken, vorzugsweise ohne Eis. Quelle: Wikipedia; CC BY-SA 3.0

Der Wermutwolf ist pragmatisch: Schmeckt es, stimmt es. Als einfache Faustregel für jede Art von Alkohol empfehle ich:

  • ein kleiner Schluck Wasser, um weitere Aromen herauszukitzeln
  • einige Schlucke Wasser, um scharfen Alkohol zu zähmen
  • die gleiche oder doppelte Menge Wasser bei Hochprozentigem (Absinth), wenn man Lust auf ein erfrischendes Getränk in der Gluthitze des Sommers hat oder wenn man nicht als einziger in einer geselligen Wein-/Bierrunde den ganzen Abend an einem winzigen Schnapsgläschen nippen möchte. Zudem lässt sich so besser mithalten: Ein 1:1-Verhältnis drückt 45 auf ca. 20 Volumenprozent herunter (interessant dazu der Alkoholrechner auf Bachblueten.ch.
Whiskypipette
Eine Whiksypipette muss nicht sein

Welches Wasser?

Nicht nur über das Verdünnen, sondern auch über das richtige Wasser könnte man sich Abende lang streiten. Einige schwören auf reines Quellwasser, andere auf Leitungswasser oder auf demineralisiertes Wasser usw. usf. … und dann gibts noch Soda, also Wasser mit Kohlensäure. Da ich hier keine Doktorabhandlung schreiben möchte, kurz und knapp: Für mich reicht Leitungswasser. 

Zu Soda aber noch ein paar Worte: Denn die Kohlensäure hat einige Asse im Ärmel: Die prickelnde Kohlensäure gibt Getränken Pfiff – sowie das Salz in der Suppe. Darum lieben wir die Blubberbläschen im Bier oder Champagner. Zudem wirkt Kohlensäure durstlöschend; ein Vorteil an heissen Tagen. Aber aufgepasst: Kohlensäure führt auch zur besseren Durchblutung der Magenschleimhaut. Der Alkohol gelangt schneller ins Blut, wir werden rascher betrunken (was ein Vor- oder Nachteil sein kann). Zudem reagieren einige empfindlich auf Sodawasser und bekommen davon Blähungen oder Sodbrennen. 

Ob Blubberbläschen das Geheimnis von Jelzins ständig guter Laune sind?

Übrigens, Wasser birgt noch viele Geheimnisse: So soll es ein Gedächtnis haben und auf Emotionen und Laute reagieren. Hierzu sind die Fotografien von Masaru Emoto sehr beeindruckend. Er hat die Kristalle von gefrorenem Wasser fotografiert und dabei Werke berühmter Komponisten, internationale Volkslieder oder Heavy Metal abgespielt. Auch nette und böse Worte beeinflussten die Kristallform. Vielleicht verdünne ich nächstes Mal meinen Whisky nicht nur mit Wasser, sondern rede ihm auch gut zu. Dann schmeckt er noch besser.

Auch Olaf weiss: Wasser hat ein Gedächtnis!

Autor

  • Sascha Zäch

    In jedem steckt ein Wermutwolf. Mit ihm entdecke ich neue Geschmacks- und Geisteswelten. Ausserdem habe ich eine alchemistische Ader und stelle gerne eigene Zaubertränke her.

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