Aloha! Begleitet uns zu den tollsten alkoholischen Freudenhäusern der Schweiz! Diese Woche hatten wir das grosse Vergnügen, dem Tiki-Kult zu huldigen – mitten in Zürichs Altstadt, in der «Waiana Tiki Bar».
Für die Leser, die noch nicht wissen, was Tiki-Bars sind, in aller Kürze und mit dem heutzutage leider gängigen Vokabular: Es handelt sich um kulturelle Aneignung polynesischer Kultur. Seit den 1930er-Jahren und noch mehr nach dem 2. Weltkrieg, als die Soldaten aus dem Südpazifik zurückkehrten, adaptierten vorwiegend Amerikaner die Bräuche, Rituale, heiligen Traditionen der Südsee und machten daraus kitschigen Feel-Good-Eskapismus vom Feinsten.

Und hier spaltet sich die Menschheit in der Ausrichtung/Ideologie. Für die einen ist das so schlimm, wie wenn sich ein Bleichgesicht als Winnetou verkleidet oder seine Haare zu Dreadlocks frisiert. Für die anderen, wozu ich mich zähle, ist es eine legitime, nicht respektlose, hedonistische Huldigung fremder Bräuche zur eigenen Bespassung.

Wenn ich als Musiker genügend talentiert wäre, würde ich Black Music spielen – trotz meines bleichen Antlitzes und das ohne schlechtes Gewissen. Ich käme mir umgekehrt auch reichlich albern vor, wenn ich dem fantastischen dunkelhäutigen Verteidiger meines Eishockey-Lieblingsvereins kulturelle Aneignung vorwerfen würde. Wir sind eine Menschheit. So, genug Politik zum Einstieg!

In der Praxis sind Tiki-Bars ein Ort, wo man sich ganz einfach wohlfühlen soll, wo einen tolle Dekorationen, Gerüche, Sounds und Drinks den Alltag vergessen lassen. Elvis, Frank Sinatra und Quentin Tarantino sind berühmte Tiki-Fans (gewesen).

Tiki-Cocktails sind natürlich meistens Rum-lastig. Manchmal finden sich gleich mehrere Rum-Sorten in einem Cocktail drin. Berühmte Tiki-Drinks sind beispielsweise der «Mai Tai», «Singapore Sling», «Zombie» oder «Navy Grog». Oft sind sie etwas stärker und süsser, fruchtiger, als konventionelle Cocktails. Und sie werden in lustigen Keramik-Gefässen serviert. Erstaunlicherweise, glücklicherweise, sei in dieser Bar erst einmal einer gestohlen worden.
Auf unseren Tisch wurde zusätzlich ein rauchender Becher mit Trockeneis gestellt – alles für die Atmosphäre.

Wenn man die Bar betritt, an der denkmalgeschützten Glockengasse 7, wo Goethe kurze Zeit wohnhaft war, dringt gleich der Geruch von der Kokosnuss-Sprüh-Maschine in die Nase. Wir sind früh vor Ort, können ohne jemanden zu belästigen Fotos schiessen und mit Hunor sprechen, der diese Wohlfühl-Oase vor drei Monaten eröffnet hat. Es ist ein spätsommerlich sonniger Nachmittag, weshalb wir uns draussen hinsetzen.

Ich hatte mir einen «Game Plan» zurechtgelegt. Fokussierung auf Signature Drinks. Zuerst der «Waiana» selbst:

Anschliessend der «Kailani», zusammen mit dem «Waiana» der einzige Signature Drink mit der maximalen Anzahl Totenköpfe auf der Karte, also die beiden stärksten Kreationen in dieser Gattung. Bei den Klassikern ist der berüchtigte «Zombie» auch in dieser «Eieiei haut der rein!»-Kategorie gelistet.

Als Drittes dann noch der «Secret Treasure», da Mezcal nun mal mein Lieblingsspirit ist. Hunor outet sich ebenfalls als Fan des mexikanischen Agavenschnapses und bringt mir gleich mehrere seiner Mezcals raus, um daran zu riechen. Immer schön, auf jemanden zu treffen, der das auch kennt und mag.

Alle drei Signature Cocktails schmeckten grossartig! Ich sag es mal so: Wenn ich alleine vor Ort gewesen wäre, hätte ich den Rekord an dort an einem einzigen Abend getrunkenen Tiki-Cocktails (4 bis 5 Drinks) mit Sicherheit pulverisiert, atomisiert, verwermutwolfisiert. Doch meine nicht ganz so enorm trinkfeste Freundin befand sich bereits nach dem ersten Drink, dem «Jungle Bird», auf einer berauschten Wolke des Glücks. Hunor erzählte dann auch, dass er teils Beschwerden erhalten habe, dass ihre Drinks etwas gar gross, gar stark seien. Was selbstredend eher als Kompliment aufgefasst wird.

Tiki-Fans gibt es rund um den Globus, und einige von ihnen führt ihre Leidenschaft bis zu Tiki-Bars in fernen Ländern. Viele bauen sich zu Hause, zum Beispiel im Keller, ihre eigenen Tiki-Bars, ziehen sich nach einem aufreibenden Arbeitstag ein Hawaii-Hemd über, mixen sich eine Piña Colada, setzen sich in einen bequemen Stuhl unter Plastik-Palmen, während sie Easy-Listening-Sound hören. Ich gebe es zu: Seit dem Besuch im Waiana überlege ich mir das ebenfalls …

Ich musste kurzzeitig an Dr. Lawrence Jacobi, den fiktiven Psychiater von Laura Palmer, aus der Serie «Twin Peaks» denken.

Apropoz Musik: Es gäbe klassischen Tiki-Sound, Les Baxter ist vermutlich der berühmteste solche Musiker. Im «Waiana» hingegen lief eher zeitgenössischere Musik, was aber auch der Geburtstagsparty geschuldet sein könnte, die drin abgegangen ist.
Eine Tiki-Bar ist nie ganz fertig. Das «Waiana» ist fieberhaft auf der Suche nach einem ergänzenden Food-Angebot. Verständlich, denn zu solch potenten Getränken ist es natürlich von Vorteil, wenn man über etwas «Boden» verfügt … Aktuell ist Hunor von einem möglichen peruanischen Pop-Up-Restaurant angetan, das im ersten Stock vielleicht bewirten wird. Wir werden sicher bald herausfinden, ob man sich einigen konnte.

Selbstverständlich gibt es auch leichtere Flüssigkost zu bestellen, wie diverse Tiki-Spritz-Varianten, Bier, Wein, Kaffee oder sogar alkoholfreie Cocktail-Variationen.
Wer sich nun noch mehr über Tiki informieren möchte: Hier eine klasse Zusammenfassung der Cocktail Society.
Ich werde jedenfalls sicher nicht zum letzten Mal hier eingekehrt sein. Einer der schnellsten und schönsten Arten, um entspannt runterzukommen.

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