Entdeckungsreise Mezcal – Vago Ensamble en Barro by Tio Rey

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Während guter Tequila einer sicheren Fahrt in einem rassigen, komfortablen Mercedes SL gleicht, ist Mezcal wie ein Ritt auf einem wilden Hengst: rasant, aufregend, unberechenbar, aber bestimmt ein Erlebnis. Geht mit uns auf eine abenteuerliche Entdeckungsreise und lernt die heissblütigsten, wildesten und verführerischsten Agaven-Spirits kennen.

Der Wermutwolf ist von Mezcal begeistert; so sehr, dass er sich Hals über Kopf in ihn verliebt hat …  zumindest Dani. Er hat hier eine bewegende Liebeserklärung an ihn geschrieben und verrät gleichzeitig, was Mezcal genau ist und ihn von Tequila unterscheidet. Aber auch ich kann dem Sirenengesang des mexikanischen Agaven-Destillats nicht widerstehen; er ist allerdings nicht meine einzige grosse Liebe. Ich kann mein Herz nicht nur einem Spirit schenken.

Ich verstehe jedoch Danis Schmachten. Er hat kürzlich so sehr vom «Vago Ensamble en Barro by Tio Rey» geschwärmt, dass auch ich ihn probieren musste. Es hat sich gelohnt!

Etikett «Vago Ensamble en Barro by Tio Rey» VorderseiteEtikett «Vago Ensamble en Barro by Tio Rey» Rückseite
Der «Vago Ensamble en Barro by Tio Rey» wird auf ganz traditionelle Art hergestellt

Wie der Name verrät, ist dieser Mezcal ein «Ensamble». Das bedeutet: Er wird aus unterschiedlichen Agavensorten destilliert. Diese werden zusammen geerntet, verarbeitet, fermentiert und gebrannt. In diesem Fall sind es 80 Prozent Espadin und 20 Prozent Coyote. Doch der Hersteller Salomón Rey Rodriguez (auch liebevoll «Tío Rey», also «Onkel Rey», genannt) erntet für diesen Mezcal, was an Agaven reif ist und seiner Meinung nach zusammenpasst; eine sehr sympathische und ökologische Herangehensweise. In einem nächsten Batch können sich andere Agavensorten finden.

Salomón Rey Rodriguez aus Sola de Vega
Salomón Rey Rodriguez aus Sola de Vega

Schon das macht diesen Mezcal speziell. Es wird noch aufregender: Der «Vago Ensamble en Barro by Tio Rey» ist ein «Mezcal Ancestral». Er wird in einem traditionellen, jahrhundertealten Verfahren hergestellt.

Das Landgut von Tio Rey
Das Landgut von Tio Rey

Das Vertriebsunternehmen Mezcal Vago beschreibt dieses im Detail: Die gekochten Agaven werden von Hand mit Holzhämmern (den sogenannten Mazos) zermahlen und die gerösteten Agavenherzen (Piñas) mit einer Machete leicht zerhackt. Danach landen die Stücke auf eine hölzerne Plattform und werden mit Schlägeln zerstampft. Die ganze Familie von Tio Rey arbeite mit: Oma, Enkelkinder und Frau – zwölf Stunden am Stück.

Holzhämmer
Die Holzhämmer

Der Agavenzucker wird ein bis drei Tage trocken, anschliessend zwei bis drei Tage mit Quellwasser in Kiefernholz fermentiert. Anschliessend wird er zweimal in 45 bis 50 Liter fassenden Tonbrennblasen destilliert. Diese heissen in Spanisch «Olla de Barro». Deshalb bezeichnet Mezcal Vago diesen Mezcal als «en Barro». Abgefüllt wird er bei 48,3 Volumenprozent, und zwar unverdünnt ohne Zugabe von Wasser. Das detaillierte Herstellungsverfahren könnt Ihr hier nachlesen.

Der «Vago Ensamble en Barro by Tio Rey» wird in Tongefässen destilliert
Der «Vago Ensamble en Barro by Tio Rey» wird in Tongefässen destilliert

So abenteuerlich wie die Herstellung ist der Geschmack des «Vago Ensamble en Barro by Tio Rey», den es zum nicht ganz günstigen Preis von 105 Franken bei Ullrich.ch gibt. 

In der Nase rieche ich grünen Apfel, Ananas, reife Banane, Parmesan, Agave, Erde, Ton und russigen Rauch. Frucht und Rauch halten sich die Waage; sie sind hervorragend ausbalanciert. Im Mund ist der «Vago Ensamble en Barro by Tio Rey» weich, süss-würzig und pfeffrig. Auch kalter Rauch, Erde, Ton, Gras, herber Grüntee, Agave, Anis und Lakritz breiten sich im Gaumen aus. Der Abgang ist lange, sehr lange – mit viel Würze, kaltem, russigen Rauch, Pfeffer, Agave, Anis, Lakritz, Erde und Ton.


Danis zwei Cent: Während ich hier noch meinen Senf dazu in die Tasten haue, schlürfe ich gerade das allerletzte Glas vom Vago. Und ich möchte hier gar nicht gross über Geschmacksnoten schwurbeln, sondern primär darauf hinweisen, wie ich mich bei diesem letzten Glas fühle. Es tut weh. Ich möchte nicht, dass es schon endet. Ich habe es hinausgezögert. Doch der Moment musste irgendwann eintreffen: Die Flasche ist leer. Nebst all den Dingen, die Sascha hier beschreibt, schmeckte dieser Mezcal für mich manchmal auch nach Senf und Benzin. Und wenn man das so liest, denkt man sich vermutlich nichts Gutes dabei. Aber genau darin liegt unter anderem die Magie von Mezcal: Dass selbst solche Geschmacksassoziationen ein Genuss sein können. Es sind nun mal Assoziationen, nicht exakte, direkte Geschmacksrichtungen. Wenn es nach profanem Senf und Benzin schmecken würde, hätte ich die Flasche ausgeleert. Sascha wunderte sich zu Recht darüber, dass ich den Vago mag, da ich im Whisky-Bereich schon lange nicht mehr auf die ausgeprägt rauchig-torfigen Sorten stehe, und dieser Mezcal ist Feuerwasser! Dieser Mezcal bewegt! Retrospektiv denke ich, dass er mir jedes Mal ein klein wenig anders geschmeckt hat. Aber immer auf die gute Art, so Zack-Bumm, nimm das, Bleichgesicht! Und na ja, was soll ich sagen? Das imponiert mir, das mag ich, das stiehlt mir meine Aufmerksamkeit, egal, was ich gerade sonst mache. Well done!


Zurück zu Saschas Text: Auffällig: Die anfängliche Balance zwischen Frucht und Rauch ändert sich. Die Waagschale neigt sich im Mund zugunsten des erdigen, tonigen, würzigen. Dieser Mezcal ist sehr rustikal, genau wie seine Produktion. Man riecht und schmeckt den Schweiss und die harte Arbeit. Er ist aber auch vielschichtig. Er ist nichts für nebenbei, nicht zum gemütlichen Sippen im Ledersessel vor dem Kamin und sicher nicht für die Party. Man muss sich auf ihn einlassen, sich mit ihm auseinandersetzen und für ihn in der Stimmung sein – dann wird man mit einem echten Geschmackserlebnis belohnt. Für mich ist er wie komplexer, wuchtiger Heavy Metal; wie der Song «Chop Suey!» von System of a Down – er hat eine (rauchige, erdige, alkoholische) brachiale Kraft und lockt gleichzeitig mit einer (fruchtig-)betörenden, schönen Seite.

Ein Ratschlag: trinkt ihn pur. Mit Wasser verdünnt, verschwindet die Frucht zu sehr, und der Rauch übernimmt die Hauptrolle.

Autor

  • Sascha Zäch

    In jedem steckt ein Wermutwolf. Mit ihm entdecke ich neue Geschmacks- und Geisteswelten. Ausserdem habe ich eine alchemistische Ader und stelle gerne eigene Zaubertränke her.

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