Machten Berühmtheiten früher primär durch ihren Alkoholkonsum von sich reden, wollen sie heute mit Hochprozentigem auch Geld verdienen. Doch der Wermutwolf lässt sich von Stars und Sternchen nicht blenden: Wir testen, ob die Promi-Abfüllungen wirklich trinkbar sind. Kann der texanische Schauspieler Matthew McConaughey tatsächlich Kentucky-Bourbon?
Knöpfe ich mir eine Promi-Abfüllung vor, scheint ein Fluch im Spiel: Marilyn Manson trinkt seinen eigenen Absinth nicht mehr und Matthew McConaughey hat Ende 2022 seine Partnerschaft mit Wild Turkey beendet. Doch ein Wermutwolf lässt sich nicht durch einen Fluch einschüchtern; er stürzt sich unerschrocken auf verhexte Tränke. Beim Mansinthe hat es sich gelohnt. Der wird ausserdem weiterhin produziert, genau wie der Wild Turkey Longbranch; dieser einfach ohne Unterschrift von Matthew McConaughey auf dem Etikett.
Das kann auch ein Vorteil sein: Man muss sich beim Lesen des Etiketts nicht mehr fragen, wie man den Zungenbrecher «Matthew McConaughey» ausspricht (man sagt: «ma·thyoo-muh·kaw·nuh·hay»). Der Nachteil: Der Name war ein perfekter Alkoholpegelmesser: Kannst Du ihn nicht mehr lesen oder aussprechen, solltest Du die Flasche ins Regal zurückstellen. Apropos Flasche: Das massive Glas macht was her. Der bernsteinfarbene Bourbon kommt dank kleinem Etikett perfekt zur Geltung, mit dem riesigen Zapfen könnte man eine Elefantenbüchse laden.
Auch «Hangover»-Star und Komiker Zach Galifianakis hat Probleme mit dem Namen von Matthew McConaughey:
Zu Matthew McConaughey muss man nicht viele Worte verlieren: Er ist ein begnadeter, vielseitiger Schauspieler mit Gespür für tolle Rollen. Er brillierte in grossartigen Filmen wie «Confusion – Sommer der Ausgeflippten», «Killer Joe», «Dallas Buyers Club» (der brachte ihm eine Oscar-Auszeichnung ein), «The Wolf of Wall Street», «Interstellar» und «The Gentlemen». Ein persönlicher Favorit von mir ist «Beach Bum», in dem er den Wermutwolf so richtig rauslässt – zusammen mit dem Rapper Snoop Dogg, mit dem er sich auch sonst bestens zu verstehen scheint.
Mehr gibts zum Wild Turkey Longbranch zu erzählen: Dieser Bourbon wurde 2016 von Wild Turkeys Master Distiller Eddie Russel und Matthew McConaughey kreiert, der damals «Cultural Tastemaker» (zu Deutsch «Posterboy») beim «Truthahn» war. Ihr Ziel: Einen Kentucky Bourbon auf einen Roadtrip nach Texas zu schicken. Doch lassen wir die beiden selbst zu Worte kommen:
Und so ist Matthew McConaughey entstanden:
Das Spezielle am Longbranch: Er wird mit amerikanischer Eichenholzkohle und der in Texas beliebten Mesquite-Holzkohle «verfeinert», was wohl gefiltert meinen soll – ähnlich wie es beim Tennessee-Whiskey mit Zuckerahornkohle gehandhabt wird (Jack Daniel’s lässt grüssen). Nur ein Marketing-Gag? Mitnichten: Das Filtern durch Holzkohle macht den Alkohol weicher und süsser. Die Macher schwärmen denn auch von einem süssen Bouquet mit subtilen Muskatnuss- und Karamellnoten, einem Hauch von Eiche und einem weichen Abgang.
Was riecht und schmeckt der Wermutwolf? Die Hauptrolle in der Nase spielen ganz klar Vanille und Eichenholz, dahinter verstecken sich etwas schüchtern Marzipan und Rosinen. Um Kohle zu erschnüffeln, muss man sich anstrengen. Im Mund tanzen vorwiegend Vanille und Eichenholz auf der Zunge, begleitet von viel Süsse und einem sehr dezenten Russgeschmack. Typisch für einen Whiskey mit 43 Volumenprozent gibts ein leichtes Brennen; das muss bei einem Bourbon so sein. Beim Abgang – wenn wundert’s – bleiben Vanille und Eichenholz lange hängen, hinzu kommt eine leichte Bitterkeit gepaart mit Süsse. Müsste ich den Wild Turkey Longbranch mit einem Satz beschreiben: Er erinnert mich an einen Disney-Film: gute Unterhaltung, aber wenig Komplexität.
Mir ist der Vanilleduft zu viel. Er ist so aufdringlich wie das zu stark aufgetragene Aftershave des Büronachbarn. Wer das mag, findet im Longbranch einen süffigen, süssen, gut trinkbaren Bourbon. Ich brauche Ecken und Kanten. Ich will keine Zuckerwatte, sondern Lakritz. Darum habe ich den Longbranch nicht nur pur probiert, sondern auch als:
Gold Rush (eine Abwandlung des Whiskey Sour)
- 6 cl Longbranch
- 2 cl Zitronensaft
- 2 cl Honigsirup (kann man einfach selbst herstellen: 1 bis 3 Teile Honig in 1 Teil warmen Wasser auflösen und im Kühlschrank aufbewahren)
Alle Zutaten werden in einem Shaker mit Eis geschüttelt und danach in ein Glas mit einem grossen Stück Eis abgeseiht.

So gefällt mir den Longbranch schon besser. Die Vanilleparfümwolke tritt zurück … aber das Eis, der Sirup und der Zitronensaft schwächen ihn zu sehr. Ein stärkerer Bourbon würde sich mehr durchsetzen. Deshalb habe ich den Schauspieler Matthew McConaughey mit dem Schockrocker Marilyn Manson zusammengebracht:
Longsinthe (oder «Doppelter Promi-Fluch»)
- 6 cl Longbranch
- 1 TL Mansinthe
Beides ohne Eis kurz umrühren.
So schmeckt der Longbranch fantastisch. Der Absinth bringt so richtig Leben ins langweilige Disneyland. Cheers!
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