Das Gemeinsame an allen Gins ist die Wacholderbeere. Sie verleiht ihm seinen typischen Geschmack. Lasst uns damit einen einfachen Gin herstellen – so wie es die Tiroler Bauern schon seit Jahrhunderten tun oder Al Capone in der US-Prohibition gemacht hat. Keine Angst: Unser Rezept ist legal.
Beim echten Gin werden Wacholderbeeren mit Kräutern, Früchten, Blättern, Blüten, Rinden, Wurzeln und Pflanzensamen destilliert. Das darf man in der Schweiz nur mit einer Brennlizenz, da selbst hergestellter Schnaps versteuert werden muss. Nicht verboten ist das Ansetzen von Pflanzenbestandteilen (englisch Botanicals) in einer gekauften Spirituose, denn die wurde bereits versteuert. Mit einem guten, neutralen Wodka, den richtigen Botanicals und etwas Geduld (die angesetzten Pflanzenbestandteile müssen einige Wochen im Alkohol baden) zaubert Ihr einen schmackhaften Wacholderschnaps, der auch als Gin durchgehen kann.

Tiroler Bauern setzen Wacholderbeeren schon seit Jahrhunderten im Schnaps an. Das hat einen triftigen Grund. Die Beeren geben einem Destillat nicht nur Geschmack, sondern haben Heilkräfte. Wacholderbeeren helfen bei Blähungen, sind harntreibend, krampflösend und appetitanregend. Im Mittelalter wurden die Beeren auch als Mittel gegen die Pest gekaut. Schwangere sollten wegen der krampflösenden Wirkung allerdings vorsichtig sein … und wohl auch keinen Schnaps trinken.
Wacholder wird in der Tiroler Mundart «Kranewit» genannt. Das kommt vom althochdeutschen Kranowitu und bedeutet so viel wie Kranichholz. Und Kranewit ist auch der Name für den Wacholderschnaps, den wir gemeinsam herstellen.
Vor dem Holunder soll man den Hut ziehen, vor einem Wacholder die Knie beugen.
Volksmund
Doch bevor wir uns ans Werk machen, ein kleiner Exkurs: Ich habe Euch nicht nur Tiroler Bauern, sondern auch amerikanische Gangster versprochen. In der US-Prohibition (1920 bis 1933) war Herstellung, Transport und Verkauf von Alkohol verboten. Der Regierung war anscheinend nicht bewusst, dass der Durst ihrer Bürgerinnen und Bürger trotz Gesetz bestehen bleibt. Den stillten Schurken wie Al Capone. Einerseits bezogen sie Alkohol von Schwarzbrennern, andererseits wurden Spirituosen wie Gin im stillen Kämmerlein zusammengepanscht. Letzterer ging als Bathtub-Gin (Badewannen-Gin) in die Geschichte ein: Billiger, starker Getreidebrand wurde mit Wasser, Aromastoffen, Wacholderbeeren(saft), Glycerin und anderem versetzt – wahrscheinlich nicht direkt in der Badewanne. Diese benutze man vielmehr, um das Wasser in die grossen Schnapsflaschen zu füllen.

Wir halten uns lieber an die Tiroler Bauern als an die amerikanischen Gangster, darum benötigen wir weder eine Badewanne noch billigen Fusel oder Glycerin. Stattdessen machen wir einen einfachen Kranewit (Rezept frei nach «Das Buch der guten Geister: Kräuterschnäpse und Edelbrände» von Christoph Mayr). Dazu benötigt Ihr:
- 1 Flasche guten Wodka (der neutrale Absolut passt ausgezeichnet)
- 15 Gramm getrocknete Wacholderbeeren (gibts in jedem Supermarkt, wählt Bio-Qualität)
- Optional 1 Wacholderzweig: Pflückt den nur, wenn Ihr den Gemeinen Wacholder (Juniperus communis) kennt. Das Holz gewisser Wacholderarten ist giftig. Im Zweifel lasst den Zweig weg.
- 1 Esslöffel Zucker

Zerstosst die Beeren in einem Mörser, streut den Zucker darüber und lasst die Mischung drei Tage lang ziehen.

Gebt die Zucker-Beeren-Mischung und den Wacholderzweig in ein grosses Einmachglas, giesst den Wodka darüber und lässt Euren Trank drei Wochen lang an einem schattigen, aber warmen Platz ziehen. Zimmertemperatur ist ideal. Filtert danach den Alkohol mit einem Trichter durch ein Sieb, am besten in die leere Wodka-Flasche. Lässt diese nochmals ein bis zwei Wochen ruhen, danach könnt Ihr Euren Zaubertrank geniessen.

Tipp: Wenn Ihr den Kranewit stärker Richtung traditionellem Gin wünscht, gebt dem Ansatz zusätzlich zu den Wacholderbeeren je zwei Stück getrocknete Zitronen- und Orangenschalen sowie einen Teelöffel zerstossene Koriandersamen und eine zerstossene Kardamomkapsel hinzu.
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