In dieser Rubrik entführen wir Euch in die betörende Welt eines der letzten wahrhaft authentischen Schnäpse auf dem Erdenrund. Mezcal, wenn er gut gemacht ist, reisst einen mit, bewegt, befeuert, begeistert!
Ich teile es Euch gleich zu Beginn mit: Dieser Teil der Artikel-Serie ist ein Drama. Für mich jedenfalls. Auf der Suche nach bezahlbaren, tollen Agaven-Destillaten, stiess ich auf den «Tier Ensamble»-Mezcal, der aus – wie könnte es anders sein – dem Bundesstaat Oaxaca stammt. Genauer: Miahuatlán. Und ich liebe ihn! Ein wundervolles Geschmackserlebnis.

«Ensamble» bedeutet, dass es ein Mix von verschiedenen Agavensorten ist, welche verwendet wurden. In diesem Fall waren es Espadin (die meistverwendete Agavensorte für Mezcals), Cuixe und Madre Cuixe. Letztere zwei sind zwar Wildagaven, wurden jedoch kultiviert, um den Mangel derselben nicht zu forcieren.
In der Nase finde ich ihn noch nicht extrem auffällig. Durchaus lecker, Zitronengras, Minze, Eukalyptus. Doch im Mund verströmt er erst so richtig seinen Zauber, mit einem sehr eigenen Geschmackspotpourri von fruchtiger Süsse, doch mit herben Noten. Der Rauch ist äusserst dezent. Trotz der 48,4 Volumenprozent wirkt er zwar sehr gehaltvoll, doch auf eine verführerische, dezente Art und Weise.

Da mir dieser Spirit so gut schmeckt, freute ich mich auf die Recherche zu diesem Artikel. Wer sind die Macher, was ist die Geschichte der Produzenten, des Mezcaleros, und so weiter. Leider fand ich keine Webseite der Firma. Und die Chat-Bots waren auch so absolut gar keine Hilfe:

Eine Facebook-Seite war dann doch auffindbar. Doch der letzte eigene Eintrag ist über vier Jahre alt. Und die Webseite, die links im Profilbereich steht, führt zu einer chinesischen Seite. Auf Instagram ein noch traurigerer Anblick: Läppische vier Beiträge, der jüngste davon ist über fünf Jahre alt.

Wie meistens ersteigerte ich meine Flasche bei Casa del Tequila, für 66 Franken. Doch da es eine klitzekleine, winzige, fast nicht zu sehende 5-dl-Flasche ist, bedeutet das auf die üblichen 7 dl hochgerechnet einen Preis von etwas über 92 Franken. Nicht gerade billig, aber noch ganz knapp im Bereich unserer Vorstellung von erschwinglichem Qualitäts-Mezcal. Ich schaute nach, wie dort der Bestand aussieht. «Nur noch wenige Teile verfügbar.» Der Blick auf die Etikette von meinem Exemplar liess mich erschaudern: Abgefüllt 2017 … Das war das Jahr, als der Ohrwurm «Despacito» von Luis Fonsi überall zu hören war und der zweite Teil von «Guardians of the Galaxy» im Kino begeisterte. Ich schaute auch bei Paul Ullrich rein. Noch eine einzige Flasche an Lager. Nun gut, ich schätze, es gilt der bitteren Wahrheit ins Auge zu blicken: Das sind die Reste einer vergangenen Mezcal-Perle, die man noch vereinzelt kaufen kann, doch wird sie wohl schon lange nicht mehr produziert. Ende Erdofen-Feuer …

Dieses so ausgezeichnete, traditionell gemachte Wasser des Lebens, zweifach in Kupferbrennblasen destilliert, scheint also nicht mehr lange im Handel zu existieren. Für Hinweise auf seinen Verbleib und was mit ihm geschehen ist, melden Sie es gerne an redaktion@wermutwolf.ch, danke!
Kommentar verfassen