Entdeckungsreise Schweizer Whisky – Johnett

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Bei Whisky denken die meisten an Schottland, Irland, die USA und vielleicht Japan. Doch für das goldene Lebenswasser muss man nicht so weit reisen; die kleine Schweiz kann Whisky ganz gross. Dieses Mal besuchen wir die schöne Stadt Zug, in der die Destillerie ETTER nicht nur edle Fruchtbrände, sondern genauso schmackhaften Single-Malt-Whisky brennt.

Die ETTER SOEHNE AG im malerischen Städtchen Zug blickt auf eine lange Geschichte als Spezialitätenbrennerei zurück; bereits seit 1870 destilliert sie hier Fruchtbrände wie Kirsch und Williams, die heute weit über die Landesgrenzen hinaus bekannt (und unbedingt einen Versuch wert) sind.

Die ETTER SOEHNE AG weilt seit 1980 in der Chollermüli in Zug
Die ETTER SOEHNE AG weilt seit 1980 in der Chollermüli in Zug

Aber hier soll es nicht um Fruchtbrände, sondern um Whisky gehen. Auch den stellt ETTER her, und zwar seit 2007 unter dem Namen JOHNETT. 2010 kam die erste Abfüllung auf den Markt, mittlerweile sind einige Jahre vergangen und damit gibts den JOHNETT Swiss Single Malt als einen der wenigen Schweizer Whiskys im reifen Alter von zehn Jahren (in der Schweiz darf Getreide erst seit 1999 destilliert werden). Er ist direkt bei ETTER für rund 80 Franken erhältlich.

Der JOHNETT Swiss Single Malt Whisky – zehn Jahre in Pinot-Noir-Barrique-Eichenfässern gelagert, mit stattlichen 44 Volumenprozent und nicht kühl gefiltert

Das ist aber nicht die einzige Besonderheit. Der JOHNETT-Single-Malt baut laut ETTER gänzlich auf regionale Ressourcen. Die Maische aus Gerstenmalz stammt von der Brauerei Baar und das Quellwasser aus den nahe gelegenen Höllgrotten in Baar (übrigens ein sehr empfehlenswertes Ausflugsziel). Die Eichenfässer liefert das Qualitätsweingut Rosenau bei Luzern (heisst neu Ottiger). Gelagert werden die Fässer im feuchten Klima der Höllgrotten und der Höllhüsern am Ausgang des Lorzetobels.

Ausser dem JOHNETT Swiss Single Malt Whisky gibt es zudem noch diverse Single-Cask-Abfüllungen, die allerdings nicht direkt im Onlineshop von ETTER, aber bei diversen Schweizer Händlern erhältlich sind.

Das Whisky-Lager von ETTER ist mittlerweile beachtlich
Das Whisky-Lager von ETTER ist mittlerweile beachtlich

Die ETTER SOEHNE AG hat uns sowohl Samples vom JOHNETT Swiss Single Malt Whisky als auch von vier Single-Cask-Abfüllungen zugestellt. Und darum kommen wir nun zum schönsten Part: der Verkostung.

JOHNETT Swiss Single Malt Whisky, 2012, 10-jährig, 44 % 

Wow! Die Nase umschmeichelt ein intensiver Duft nach Orange und Grapefruit … aber auch kandierte Früchte und reife Weintrauben steigen aus dem Glas. Ich denke an Orangenbrausetabletten und Gummibärchen. Aus dem Hintergrund winken Tabak, Schokolade, Eichenholz und Vanille. Hier regiert aber klar die Frucht; auch im Mund. Dort machen sich Orange, Crème brûlée und Weintrauben breit. Dieser Malt ist sehr weich und rund. Er ist süss, aber dank der zehn Jahre im Holzfass auch würzig und pfeffrig, mit sanften Zimt- und Holznoten. Er bietet ein wunderschönes Mundgefühl, das Charakter hat. Der Abgang ist lange – Orangen, kandierte Früchte, Zimt und Pfeffer. Dieser Whisky hat für mich etwas Weihnachtliches. Er erinnert mich an ein fruchtig-cremiges Festtagsdessert. Trotz der Fruchtigkeit und Süsse ist er vielschichtig, gut ausbalanciert und lädt zum Geniessen ein. Prädikat: sehr gut. 

JOHNETT Single Cask Nr. 113, 2011, 10-jährig, 44,9 %

Ein spannendes Experiment: Dieser Single Malt durfte zehn Jahre in einem schottischen Islay-Bourbon-Fass verbringen. Und das riecht man: Aus dem Glas steigen fruchtiges Malz und torfiger Rauch, der an altes Holz eines schottischen Pubs erinnert, sehr fein! Etwas schüchtern zeigen sich Schokolade, Orange, Eiche und Vanille. Im Mund schmecke ich eine leichte Süsse, danach wird es holzig, rauchig, würzig, mit Tabak- und Pfeffernoten. Der Abgang ist lange: altes Holz, Rauch, Kiesel sowie eine leichte, angenehme Bitterkeit. Dieser Single Malt ist gut ausbalanciert, hat Charakter und Biss. Der Rauch ist dezent, und gut eingebunden. Ein wenig Wasser macht den Whisky weicher und eichiger, der schöne Charakter bleibt. Ein sehr komplexer und feiner Tropfen. Prädikat: ausgezeichnet. 

JOHNETT Single Cask Nr. 88, 2017, 5-jährig, 51,4 %

Das Fassabenteuer geht weiter. Dieser Whisky wird aus Hirse und nicht aus Gerstenmalz hergestellt. Das Hirsebier stammt aus der Braui Baar. Gelagert wird das Destillat im Pinot-Noir-Fass. Der Hirse-Whisky besticht mit Röstaromen und riecht nach Schokolade, roten reifen Trauben, Brombeeren, Orangen und etwas Holz. Im Mund ist er süss. Da ist wieder Schokolade, aber auch Rosinen und Feigen huschen über den Gaumen. Der Abgang ist mittellang, trocken, mit Rotweinnoten und holziger Würze. Aufgrund seiner Stärke tut diesem Whisky etwas Wasser gut, dann wird er weich, rund, samtiger, süsser und fruchtiger. Die Jugend ist bei diesem Fünfjährigen spürbar: Die Holz- und Weinnoten liegen weit vorne. Die Aromen kämpfen noch um ihren Platz. Er ist ein wenig wie eine Band, die sich und ihren Stil noch finden muss. Das Potenzial ist da, die Komplexität noch nicht. Ich würde den gern als zehnjährigen trinken. Prädikat gut. 

JOHNETT Single Cask Nr. 105, 2011, 10-jährig, 49,5 %

Ein zehnjähriger Single Malt in einem Rioja-Fass. Der Duft von Schokolade und reifen roten Trauben bezaubert die Nase, mit Noten von Orangen, Vanille, Eichenholz und Honig. Dieser Malt ist subtil wie ein gut gereifter Wein. Im Mund ist er süss und weich, betört den Gaumen mit Orangen, Eiche, Vanille und Holz. Der Abgang ist lange, mit Schokoladen- und Orangennoten, ohne Bitterkeit. Er ist zuerst süss, danach zeigt sich etwas Würze. Ein sehr weicher, geschmeidiger Whisky mit guter Eichenholznote. Trotz der Stärke von fast 50 Volumenprozent ist er ohne Wasser ausgezeichnet trinkbar. Er strahlt die behagliche Wärme eines Kaminfeuers aus, ist ausbalanciert und komplex. Er riecht und schmeckt einfach herrlich. Prädikat: ausgezeichnet.

JOHNETT Single Cask Nr. 47, 2013, 10-jährig, 57,3 %

Ein sehr kräftiger Geselle, der zehn Jahre in einem Merlot-Fass schlummerte. Er bezirzt die Nase mit dem Duft von grünen Äpfeln, roten Trauben, Eichenholz, Vanille, Honig und Nougat. Auch eine zitronige Frische umweht mich. Im Mund ist er frisch, süss und weich, mit Aromen von Eichenholz, Vanille, roten Trauben und Schokolade. Im langen Abgang bleiben Eichenholz, Vanille, Schokolade und Rotwein. Trotz seines Alters hat dieser Single Malt seine jugendliche Spritzigkeit bewahrt. Er erinnert an den Frühling. Er tritt kraftvoll und jugendlich auf, zeigt aber doch seine Lebenserfahrung; er ist komplex und ausbalanciert. Aufgrund seiner Stärke empfehle ich etwas Wasser. Prädikat: ausgezeichnet.

Fazit: So macht Whisky Spass

Schon der JOHNETT Swiss Single Malt Whisky zeigt, dass sich Schweizer Whiskys überhaupt nicht verstecken müssen. Die Einzelfassabfüllungen von ETTER halten locker mit, sind (für meinen Geschmack) teils sogar noch besser und ein richtiges Abenteuer oder eben: eine Entdeckungsreise im wahrsten Sinne des Wortes. Ich bin gespannt, was bei ETTER an weiteren Schätzen im Whisky-Lager schlummern. Typisch für alle verkosteten ETTER-Whiskys ist ihre Süsse und Fruchtigkeit, gepaart mit einem wunderbaren, samtigen Mundgefühl: Hier merkt man die Erfahrung des Fruchtbrenners. Sie sind aber nie langweilig oder belanglos, sondern vielschichtig und spannend.

Autor

  • Sascha Zäch

    In jedem steckt ein Wermutwolf. Mit ihm entdecke ich neue Geschmacks- und Geisteswelten. Ausserdem habe ich eine alchemistische Ader und stelle gerne eigene Zaubertränke her.

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