Entdeckungsreise Schweizer Whisky – Matter Spirits

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Bei Whisky denken die meisten an Schottland, Irland, die USA und vielleicht Japan. Doch für das goldene Lebenswasser muss man nicht so weit reisen. Die kleine Schweiz kann Whisky ganz gross. Im bernischen Kallnach bei der Matter-Luginbühl AG erblicken Roggen- und Mais-Whiskys das Licht der Welt – stark, geschmackvoll und mit Charakter.

Die Matter-Luginbühl AG haben wir bereits im Rahmen unserer Absinth-Entdeckungsreise vorgestellt. Unter dem Namen Matter Spirits bietet sie die grüne Fee in vielen Varianten an; gefallen haben uns alle. 

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Genauso vielseitig sind die Whiskys aus demselben Hause: In den Kellern von Matter Spirits lagern Rye-, Corn- sowie Malt-Whiskys und sogar Blends aus zwei oder drei dieser Getreidearten. Das weckt die Neugier des Wermutwolfs … und wir durften sie befriedigen. Matter Spirits hat uns netterweise gleich fünf seiner Getreidebrände zum Verkosten geschickt: einen Corn-Whisky (Mais), zwei Rye-Whiskys (Roggen) und zwei Blends (einmal Roggen und Mais; einmal Roggen, Mais und Gerste). 

Die verkosteten Whiskys

Wir bewegen uns also nicht auf typisch schottischem Malt-Territorium (Gerste), sondern eher in US-Gefilden (Bourbon = mindestens 51 Prozent Mais). Auch Rye-Whiskys haben in den USA Tradition. Der Wermutwolf ist kein Scotch-Snob und auch kein Europäer, sondern ein Weltenbürger: Wir trinken alles! Darum ein Hoch auf George Washington, der selbst eine Whisky-Brennerei betrieb, die es übrigens heute noch/wieder gibt. Also Cowboy-Hut aufgesetzt und lasst uns mit dem Tasting starten.

Whisky Nr. 7 (Blended 61/39), 46,5 % 

In diesem Goldjungen tummeln sich laut Matter Spirits die Fässer Nr. 334 (Mais-Whisky, fünf Jahre in Missouri-Weisseiche gereift) und Nr. 324 (Roggen-Whisky aus dem Blauburgunder-Rotweinfass). Exakt sind es 61 Teile Corn- und 39 Teile Rye-Whisky. Ich rieche beim ersten Schnüffeln viel Eiche, Vanille und die typische Maissüsse von Bourbon. Auch etwas Karamell winkt mir zu. Zudem machen sich Rotwein und kräftige Roggenwürze bemerkbar. Im Mund gibt sich dieser Blend weich, süss, herb und etwas bitter – alles in feiner Balance. An Aromen nehme ich Vanille, Eiche, Karamell, Brot und Rotwein war. Im langen Abgang bleibt vorwiegend Vanille hängen. Auch hier halten sich Süsse und bittere Würze optimal die Waage. Dieser Whisky ist nicht sehr vielschichtig, hat aber Charakter: Er ist jung, charmant und wild wie James Dean. Hier haben wir keinen gesetzten Single Malt; er ist wegen des Roggens aber auch nicht ganz so süss und geschleckt wie ein typischer Bourbon. Ein Whisky für Cowboys, den man gerne pur trinken kann. Prädikat: sehr gut.

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Whisky Nr. 3 (Blended), 48,8 %

In diesem Blend stecken Whiskys aus drei unterschiedlichen Fässern: Aus einem Burgunder Rotweinfass kommt ein Gerstenbrand, aus einem Schwarzwälder Rotweinfass ein Roggenbrand und aus einem Missouri-Eichenfass ein Maisbrand. Eine interessante Kombi, die meine Nase mit Malz, Holz, Eiche, Leder, Rotwein, Vanille, Karamell, Milchschokolade, Tabak, herb-brotigen Roggen und etwas Maissüsse verwöhnt. Dieser Whisky riecht süss, fruchtig und herb zugleich. Die zahlreichen Aromen sind in ausgezeichneter Balance. Am Gaumen ist der Blend Nr. 3 süss, mit Noten von Vanille, Karamell und Eiche. Auch Rotwein, etwas Würze und eine leichte pfeffrige Schärfe tanzen auf. Die Balance zwischen süss und herb ist faszinierend. Trotz der Stärke von über 48 Volumenprozent ist dieser Whisky weich und gut trinkbar. Der lange Abgang gibt sich zuerst süss, danach etwas herb, scharf und leicht bitter. Würzig holzige Noten und süsse Vanillearomen wechseln sich ab. Dieser Blend ist ein kräftiger, charaktervoller und vielschichtiger Spirit. Er ist so spannend und komplex wie der Sergio-Leone-Western «The good, the bad and the ugly» – und wie die drei gegensätzlichen Hauptcharaktere machen die drei Getreidearten Roggen, Mais und Gerste mit ihren unterschiedlichen Aromen die Spannung und Faszination erst aus. Prädikat: ausgezeichnet.

Whisky Nr. 8 (Rye), 50,2 % und Whisky Nr. 9 (Rye cask strength), 64,1 % 

Whisky Nr. 8 (Rye), 50,2 % (links) und Whisky Nr. 9 (Rye cask strength), 64,1 % 

Zweimal derselbe Whisky; aber einmal mit 50,2 Volumenprozent und einmal in Fassstärke mit 64,1 Volumenprozent abgefüllt. Gereift ist er laut Matter Spirits «etliche Jahre in einem Blauburgunder Rotweinfass». Aus dem Glas steigt der Duft nach Roggen – herb, wild, mit einer krautigen Würze. Zudem zeigen sich Eichenholz, Vanille, Tabak, Leder und süsser Rotwein. Die fassstarke Variante riecht zudem etwas nussig und süsser; mehr nach Wein und etwas nach Schokolade. Sie ist weniger herb und krautig. Im Mund spielt dieser Whisky süss, herb und würzig auf, mit pfeffriger Schärfe, Holz und Rotwein. Beim fassstarken Bruder kommen die süssen Wein- und Holzaromen stärker durch; er ist runder und intensiver. Der Abgang ist mittellang bis lang, süss, herb und würzig. Vanille-Süsse und Holzaromen bleiben etwas länger hängen. Dieser Whisky erinnert mich an ein Bild von William Turner: wunderschön, wild und monumental zugleich. Ich empfehle, ihn mit etwas Wasser zu trinken. Das zähmt ihn … macht ihn milder und süsser. Prädikat sehr gut. Den fassstarken Brand würde ich sogar mit «ausgezeichnet» bewerten.

Whisky Nr. 4 (Corn), 46 %

Der Whisky Nr. 4 wird zu 100 Prozent aus Mais aus dem Berner Seeland hergestellt. Er durfte fünf Jahre in einem Fass aus Missouri-Weisseiche ruhen. Und das riecht man: Viel Eichenholz-Vanille – popcorn-süss, aber auch holzig-würzig – steigt aus dem Glas. Das Mundgefühl ist weich und sehr süss. Das würzige Holz bringt allerdings einen guten Ausgleich. Im mittellangen Abgang zeigen sich zuerst Vanille und Süsse, danach treten auch Holzwürze und sehr wenig Bitterkeit auf die Bühne. Die Süsse bleibt aber und schwebt über allem. Das ist kein ultra-smoother Disney-Vanille-Kokosnuss-Bourbon, sondern ein süsser, umgänglicher Whisky mit dem gewissen Etwas und Kraft. Er ist wie salziges Popcorn: Man kann nicht mehr damit aufhören. Prädikat: sehr gut.

Fazit: Yee-haw!

Matter Spirits kann nicht nur Absinth, sondern brennt auch hervorragende Whiskys. Wer sich nicht vollständig den Malts verschrieben hat, sondern ebenfalls Bourbons und Roggen-Whiskys etwas abgewinnen kann, sollte hier unbedingt den einen oder anderen Schluck wagen. Ein lautes Yee-haw!

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Autor

  • Sascha Zäch

    In jedem steckt ein Wermutwolf. Mit ihm entdecke ich neue Geschmacks- und Geisteswelten. Ausserdem habe ich eine alchemistische Ader und stelle gerne eigene Zaubertränke her.

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