Entdeckungsreise Schweizer Whisky – Luchs und Hase

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Bei Whisky denken die meisten an Schottland, Irland, die USA und vielleicht Japan. Doch für das goldene Lebenswasser muss man nicht so weit reisen. Die kleine Schweiz kann Whisky ganz gross; so auch eine Brennerei im aargauischen Fricktal, wo Fuchs und Hase – ich meine, Luchs und Hase – sich gute Nacht sagen. Dort entstehen schmackhafte, komplexe Tropfen.

«Luchs und Hase» ist der Name eines Bio-Bauernhofs mit Brennerei im aargauischen Elfingen, vormals unter dem Namen Käsers Schloss bekannt. Geführt wird er von den beiden Brüdern Raphael und Michael Käser. Wieso der neue Name? Dazu die beiden auf Facebook: «Ganz einfach: Wir produzieren keinen Käse und besitzen auch kein Schloss 🙅‍♂️. Stattdessen sind wir tief mit der Natur verbunden und unser Hof liegt an einem Ort, an dem sich Fuchs und Hase gute Nacht sagen 🐰🦊. Da der Luchs in unserer Gegend heimisch ist, haben wir das alte Sprichwort etwas abgeändert und zu unserem neuen Namen gemacht.» Das klingt doch ganz sympathisch.

Die beiden Brüder Raphael und Michael Käser produzieren nicht nur Biogemüse, sondern auch Gin, Whisky und Schnäpse
Die beiden Brüder Raphael und Michael Käser produzieren nicht nur Biogemüse, sondern auch Gin, Whisky und Schnäpse

Heute interessieren uns allerdings nicht Biogemüse, Gin und Schnäpse (obwohl wir auch das gerne essen respektive trinken), sondern der Single-Malt-Whisky aus dem Fricktal. Und dazu gibts einige spannende Fakten: «Luchs und Hase» verwendet nach eigenen Angaben verschiedene alte Gerstensorten, die auf einem Malting Floor gemälzt wurden. Für die Herstellung der Maische ist die Brauerei Chopfab aus Winterthur verantwortlich. 

Die Gerstenmaische für den Whisky wird von der Brauerei Chopfab hergestellt
Die Gerstenmaische für den Whisky wird von der Brauerei Chopfab hergestellt

«Luchs und Hase» setzt bei der Vergärung auf verschiedene Brauhefestämme, was in der Spirituosenherstellung eher ungewöhnlich sei, da die Verwendung von Brennhefe zu einer schnelleren Produktion führen würde. Man habe sich für das langsamere Verfahren mit Brauhefe entschieden, da dies eine breitere und vielschichtigere Aromenpalette garantiere. Gebrannt wird der Whisky hauptsächlich in einer Pot-Still-Destille aus Kupfer. Für einen geringen Teil kommt auch eine Kollonnenbrennerei zum Einsatz. Diese speziellen Batches werden laut «Luchs und Hase» später in verschiedenen Whisky-Editionen miteinander kombiniert.

Pot Still aus Kupfer (links) und Kollonenbrennerei aus Edelstahl
Pot Still aus Kupfer (oben) und Kollonenbrennerei aus Edelstahl

Die Fricktaler nutzen Holzfässer unterschiedlicher Herkunft und Vorbelegungen. Sie arbeiten zudem mit einer Schweizer Küferei zusammen. Abgefüllt werden die Single Malts unfiltriert und ungefärbt. Das alles klingt sehr vielversprechend. Doch wie schmeckt der Single-Malt-Whisky aus dem Aargau? «Luchs und Hase» hat uns netterweise ein Whisky-Set mit drei edlen Tropfen zur Verfügung gestellt. Dieses gibt es im Onlineshop der Aargauer zum Preis von 55 Franken.

Das Whisky-Set, das wir verkosten durften
Das Whisky-Set, das wir verkosten durften

180 Grad, 43 % 

Dieser Malt schlummert sechs Jahre lang im französischen Eichenholzfass, danach zieht er für zwei Jahre in ein Madeira-Fass um. Der achtjährige Whisky besticht in der Nase mit vielschichtigen Aromen von Madeira, Rosinen, Kirschen, gebrannten Mandeln, Orangen und Eichenholz. Er riecht süss, fruchtig und würzig – sehr fein. Im Mund ist er weich. Den Gaumen kitzeln Weinaromen, Kirschen, Mandeln, Pfeffer. Auch hier spielen die Macher mit den Gegensätzen fruchtig, süss und holzig-würzig – und das sehr gekonnt. Der lange, ölig-seidige Abgang ist süss, holzig-würzig und fruchtig, mit Noten von Wein, Kirschen, Orange sowie Power und Schärfe. Dieser Malt hat eine ausgezeichnete Balance; er ist schön komplex. Ein sonniger, feuriger, leidenschaftlicher Tropfen, aber dennoch elegant wie eine Flamenco-Tänzerin. Das Madeira-Fass macht ihn spannend, anders und tiefgründig. Prädikat: sehr gut

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Fassgeschichten, 43 % 

Mit diesem Single Malt wollen Raphael und Michel Käser eine Liebeserklärung an die verschiedenen Fässer schreiben. Zum Einsatz kommt eine Kombination von Fässern mit unterschiedlichem Toasting, Charring und diversen Vorbelegungen: Konkret sind dies neue französische Eiche, Ex-Bourbon (first fill) und Portweinfässer. Das Alter beträgt sechs bis sieben Jahre. Ich rieche reife rote Trauben, Orangen, Honig, Karamell, Eichenholz, Vanille und Kräuter. Der Duft erinnert mich an einen Dessert, zu dem man einen Kräuterlikör trinkt. Im Mund ist dieser Tropfen weich und betört mit Vanille, roten Trauben, guter Würze sowie deftiger Schärfe. Kräutergeschmack und Würze des Holzes zeigen sich hier stärker als in der Nase, die Dessertaromen verkrümeln sich in den Hintergrund. Der Abgang ist mittellang und süss, mit Noten von Vanille, Schokolade, roten Trauben und Pfeffer. Auch eine krautige Würze gibt sich die Ehre. Bei diesem Malt ist die Jugend spürbar; dennoch ist er komplex, mit vielen Facetten. Auf mich wirkt er sehr heissblütig, wie ein wilder, edler Hengst, der noch gezähmt werden sollte, sonst brennt er durch und man weiss nicht, wo man hinreitet. Prädikat: gut

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Rauchzeichen, 43 % 

In diesem Fläschchen findet sich für die Schweiz etwas ganz Besonderes: Für den Single Malt «Rauchzeichen» verwenden die Fricktaler original Torfmalz aus England. Gereift wird das Destillat in Ex-Bourbon-Fässern (first fill). Das Alter wird nicht angegeben. Wow! Die Nase erobern Torfrauch, Leder und Tabak. Aber dahinter verstecken sich noch weitere Aromen: Trockenpflaumen, Kräuter, Vanille und viel Eichenholz – alles wunderschön eingebunden. Im Mund spielen Torfrauch und Karamell auf, in einem Wechselspiel zwischen süss, salzig und scharf. Das fordert und erfreut meine Sinne. Hinzu kommt ein weiches Mundgefühl. Den langen Abgang dominieren Torfrauch sowie Pfeffer-, Salz- und Kieselnoten. Auch Karamell, Schokolade und Malz schmecke ich … und da ist wieder das spannende Spiel mit würzig, süss und scharf. Dieser Malt wird nie langweilig. Er ist sehr komplex, trotz eher jungem Alter. Ich muss an Humphrey Bogart in Casablanca denken: Dieser Whisky hat Charme, aber auch eine raue Seite. Ein vielschichtiger Charakter, den man einfach gernhaben muss. Prädikat: ausgezeichnet

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Fazit: wunderschönes Wechselspiel

Die Single Malts von «Luchs und Hase» sind wie ihre Namensgeber; süsses, putziges Häschen und Raubtier mit scharfen Zähnen. Die Fricktaler zaubern sehr tiefgründige, leckere Whiskys mit vielen Facetten, die trotzdem gut ausbalanciert sind. Sie spielen gekonnt mit der Würze des Holzes sowie fruchtigen Weinaromen oder Torfrauch. Langweile ist definitiv nicht angesagt. Das freut nicht nur Luchs und Hase, sondern auch den Wermutwolf.

Autor

  • Sascha Zäch

    In jedem steckt ein Wermutwolf. Mit ihm entdecke ich neue Geschmacks- und Geisteswelten. Ausserdem habe ich eine alchemistische Ader und stelle gerne eigene Zaubertränke her.

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The proper union of gin and vermouth is a great and sudden glory; it is one of the happiest marriages on earth, and one of the shortest lived

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